Zufälliger Blick oder bewusster Augenkontakt?
Die Geschichte von Jesus und Zachäus aus Lukas 10 ist die Geschichte von zwei Männern, die sich normalerweise nie begegnet wären. Zachäus war ein hoher Zollbeamter in Jericho, der nicht gerade für seine religiösen Gefühle bekannt war, sondern eher für seine gnadenlose Geschäftspolitik. Er hatte es im Leben ganz offensichtlich zu etwas gebracht. Ein Mann mit Haus und Hof, eine Führungspersönlichkeit im gehobenen Staatsdienst, finanziell unabhängig und ein knallharter Geschäftsmann.
Aber dennoch ist da eine tiefe Sehnsucht in seinem Herzen, die weder Macht noch Geld ausfüllen können. Vielleicht ist es nur eine vage Hoffnung die ihn in Bewegung setzt, als er davon hört, dass Jesus in der Stadt ist. Und ihm persönlich begegnen möchte er zunächst auch nicht, aber wenigstens aus sicherer Distanz ein Blick auf den Menschen werfen, von dem eine solche Vollmacht und Liebe zugleich ausgeht. Und dann kommt es doch zu der Begegnung, die das ganze Leben von Zachäus verändern sollte. In Lukas 10 Vers 5 heißt es: „Und als Jesus an die Stelle kam, sah er auf und sprach zu ihm: Zachäus, steig eilend herunter; denn ich muss heute in deinem Haus einkehren.“ Jesus ist normalerweise nicht wie ein Hans Guckindieluft durch die Städte gelaufen und hat nach Menschen Ausschau gehalten die auf Bäumen sitzen.
Das normale Blickfeld von Jesus war nicht auf Baumkronen ausgerichtet. Aber hier in Jericho bleibt Jesus unter einem Baum stehen und schaut nach oben. Zufälliger Blick – oder bewusster Augenkontakt? Mich fasziniert die Szene sehr. Jesus schaut hoch und sieht Zachäus an. Das muss schon ein bewegender Moment für Zachäus gewesen sein, als die Blicke der beiden Männer sich treffen und Jesus ihm in die Augen schaut. Das ist echtes Interesse, Jesus bleibt stehen, ändert seine Blickrichtung und schaut Zachäus in die Augen. Und die Tatsache, dass Jesus den Mann im Baum mit Namen anspricht, macht klar, das war kein Zufall.
Ich hab mich gefragt, wo hab ich eigentlich meine Augen überall? Was ist alles in meinem Blickfeld? Wann hab ich das letzte Mal bewusst meine Blickrichtung geändert und einem „Zachäus“ in die Augen geschaut? Mein Sichtfeld ist oft eingeschränkt und ich seh den Wald vor lauter Maulbeerbäumen nicht. Ich will das zu meinem Gebet machen:
„Jesus, erweitere du mein Sichtfeld und gib mir einen liebevollen Blick für die Menschen in meiner Umgebung die sich nach dir sehnen. Hilf du mir wieder Blickkontakt zu bekommen mit den Menschen um mich herum, die dich brauchen!“
– Thorsten Lehr, Pastor der EFG Gießen